Ratten im Labor 1

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Ratten im Labor

Ein Team aus Sozialwissenschaftlern und Informatikern durchleuchtet bei Facebook die gewaltigen Mengen an persönlichen Daten. Dieses von Öffentlichkeit und Presse gut abgeschirmt Gruppe wird "Data Science Team" genannt.

Wäre Facebook ein Land, seine 900 Millionen Nutzer würden die drittgrößte Nation der Erde stellen. Mit dieser Aussage charakterisiert Mark Zuckerberg gern die Bedeutung seines Unternehmens. Natürlich gehört zu einer Nation mehr als ein Internetprofil.

In einer Hinsicht jedoch stellt "Facebook-Land" jeden anderen Staat in den Schatten: Mit dem, was es über seine Bewohner weiß. Facebook zeichnet sämtliche digitalen Bewegungen seiner virtuellen Bürger auf. Selbst die großen Despotien der Vergangenheit wirken blass angesichts des Ausmaßes, in dem Facebook Gespräche, Familienfotos, Aufenthaltsorte, Beziehungsverhältnisse, Freundschaften und sogar Todesfälle speichert. Auf den Servern des Zuckerberg-Imperiums lagert der größte Datensatz über menschliches Verhalten, den es je gegeben hat. Sehr wahrscheinlich ist darin auch einiges über dich festgehalten.

Das Data Science Team wertet nicht einfach nur vorhandene Daten aus. Inzwischen hat es begonnen, die Plattform für ihre Experimente auch zu verändern – ähnlich wie ein Insektenforscher einen Ameisenbau manipuliert, um Reaktionen hervorzurufen. Und im Unterschied zu ihren Kollegen an Universitäten können die Sozialforscher von Facebook die Idee zu einem neuen Experiment schnell mit Hunderten Millionen von Menschen umsetzen. Eytan Bakshy, der 2011 zu dem Team stieß, nahm sich der Frage an, ob unsere Handlungen auf Facebook in erster Linie von unseren engsten Freunden beeinflusst werden, denn die haben wahrscheinlich ähnliche Vorlieben. Facebook-Freunde wären dann so etwas wie eine soziale "Echo-Kammer", die unsere Ansichten noch verstärkt. Bakshy beschloss, selektiv in die Kommunikation von rund 250 Millionen Nutzern einzugreifen.

Zunächst zeichnete er sieben Wochen lang die Links auf, die diese Versuchsgruppe mit ihren Freunden teilte. Dann begann er, nach dem Zufallsprinzip die Weiterleitung von Links zu einzelnen Freunden zu blockieren – insgesamt 219 Millionen Mal. Auf diese Weise bekam er zwei Gruppen: eine mit freiem Informationsfluss und eine Kontrollgruppe, in der hin und wieder Links unterdrückt wurden.

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