Mein revolutionärer Rosenstrauch

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Mein kleiner Rosenstrauch ist ein Teil der Achtund-sechziger-Bewegung und Revolutionärer-erster-Mai- Aktivist. Ohne Scheiß, so ist es. Die Beweise liegen auf der Hand: Er ist rot. Eher im kommunistischen Sinn, er scheißt auf Geld und irdische Güter. Wenn ich mich in Deutschland umsehe, ist aber fast jeder ein praktizierender, oder pensionierter Revoluzzer. Redet man mit den Leuten, vor allem mit Herren kurz vor der Sechzig und aus dem Westen, bekommt man rasch die alten Geschichten erzählt, von Veränderung, Wackersdorf und den ganzen verfluchten Friedensmärschen. Jeder Schlipsträger will dabei gewesen sein, als zorniger Bürger, der für die gerechte Sache sein Leben, zumindest aber seine körperliche Unversehrtheit riskiert hat. Einige wollen sogar Steine geworfen-, oder Polizeibeamte als Faschisten beschimpft haben. Selbst mein Deutschlehrer, ein patenter Typ damals, hatte angeblich Schallplatten von den Beatles im Schrank.


Ich sag es ihnen, wir Nachkriegskinder sind ein Volk von Anarchisten. Alle Jugendlichen, die nicht auf Hip Hop stehen, sind Punks oder Grufties. Im Osten gibt es natürlich noch die entsprechende Gegenbewegung, aber jeder fünfzehnjährige Abituranwärter, der sich so gemütlich bei Mutti in der Doppelhaushälfte eingerichtet hat, hört die Toten Hosen, oder noch Aggressiveres.

Also ist es nur recht und billig, wenn mein roter Rosenstrauch auch dazu gehören will. Ich kann es ihm nicht übel nehmen.

Mein Rosenstrauch will nichts als Wasser, etwas Sonnenschein und seine Ruhe, ich habe ihn Che genannt, nach diesem verstorbenen Argentinier mit dem Charisma.

Wenn ich im Lotto gewinne kaufe ich ihm eine rote Mütze und ein paar Zigarren. Eine Kalaschnikow bekommt er aber nicht, sonst legt er mich noch um, weil ich Geld habe und Steuern bezahle.

Kakki der Kaktus hat bestimmt auch heftige Vorfahren, aus dem mexikanischen Bürgerkrieg oder irgend einem krassen Bauernaufstand.

Der ist echt gerissen, steht auf der Heizung und rührt sich nicht. Tarnung ist ja bei Guerillaaktionen die halbe Miete.

Jahre lang unauffällig und nett grinsend sein Ding durchziehen, dann weht der Wind der Freiheit, Gewalt liegt in der Luft und zack, Rübe ab. Kampf dem Kapital, Sprengt die Bonzen weg. Dann werden Lieder geschrieben und Helden aus Bauern gezimmert.

Dichter werden aus Gefängnissen befreit, damit sie weiter über Liebe und anderen Quatsch schreiben können. Wolf Biermann bekommt wieder einen Plattenvertrag.

Dann ist nix mit Montagsdemo und „Helmut, Helmut“ Gesängen, dann geht der unterdrückte Pöbel mit dem Molotowcocktail nach Friedrichshain. Die Glatzköppe wandern nach Polen aus, weil sie Angst vor dem bisher verachteten Normalbürger haben.


Dann fließt Blut, bis die D-Mark wieder da ist und jedes HartzIV Männchen einen Mercedes in der Doppelgarage hat, so sieht das aus. Ende


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