Buffalo Springfield: For What Its Worth 2/2
Ich war schon vor Jahren spirituell in der Lage, für gute Musik nicht zu wenig Geld auszugeben. Das führte mich auf Trödelmärkten einmal in eine merkwürdige Situation und einmal fast in eine Schlägerei. Also lassen Sie uns kurz das Ruhrufer wechseln. Der Typ in Mülheim hatte genau das Album von Kevin Coyne, welches mir in meiner Sammlung noch fehlte und wollte 20 Euro dafür. 17 Euro hatte ich dabei. Es entstand folgender Dialog: "Die Platte hier soll 20 Euro kosten?" "Nee, ich kann sie dir auch billiger machen." "Nee, laß mal,, die ist schon 20 Euro wert." "Ich kann dir das Teil auch für 18 lassen." "Nee, geht nich." "Oder für 16." "Da steht aber 20 drauf..." "14. Okay? Dann nimm sie aber auch jetzt mit!" "Nee, dann lieber doch 16." "Okay, von mir aus." "Oder, warte, ich geb dir doch besser 17, ist das in Ordnung für dich und deine Familie?" fragte ich und schob dann schließlich mit der Platte und qualvollen Gewissensbissen ab nach Hause. Ich muß dazu sagen, daß mir beim Feilschen ein wenig die Übung fehlt. Außerdem möchte ich nicht, daß dem Verkäufer ein Nachteil entsteht. Zum Glück waren zwei Songs auf der Platte von minderer Sorte. Nicht auszudenken, wenn die Platte 20 oder gar 30 Euro wert gewesen wäre, ich hatte ja keine Adresse oder Bankverbindung von dem Mann! Ein paar Monate später blätterte ich in Wedau gedankenverloren in den Resten einer wirklich formidablen Discothek. Twisted Sister, Strassenjungs, Kraftwerk - alles dabei. Plötzlich blieb mein Finger bei R hängen und ließ sich auch nicht mehr nach V oder H bewegen. Der alte Feinschmecker hatte tatsächlich "How I Spent My Vacation" von Mitch Ryder dabei und wollte dafür gerade mal 2 Euro haben. Schnell registrierte der Profi-Seller meinen interessierten Blick. "Die ist gut, die Mitch Ryder" sagte die Wurst. "Ich weiß" sagte ich. "Willste haben? 2 Euro!" "Das ist doch wohl nicht dein Ernst?" "Wieso, ist doch ein fairer Kurs." "Nee, überhaupt nicht, so eine Platte verkauft man nicht mal eben so!" "Doch, kein Problem, ich hör das nicht mehr." "Das ist ja wohl kein Grund, so eine Platte verkauft man nicht. Schon gar nicht für 2 Euro." "Wieso, wieviel ist die denn wert?" "Mindestens 50. Schon allein für den Drum-Sound." "50 also, soviel gibst du mir dafür?" "Ich, nee, wieso, ich hab die ja schon!" "Und wat soll die Scheiße hier?" "Ganz einfach, du mußt die Platte teurer machen!" "Bist du bescheuert?" "Bitte..." "Komm, hau ab, du Vogel." Okay, vielleicht habe ich für meine Platten im Laufe der letzten dreißig Jahre mehr ausgegeben als nötig. Vielleicht habe ich auf dem ein oder anderen Konzert etwas zu vehement darauf bestanden, von der Gästeliste gestrichen zu werden. Vielleicht habe ich für CDs, die mir Bands schenken wollten, zuviel bezahlt. Vielleicht. Wenn ich das mal so überschlage, sind das ungefähr die 43.000 Euro, die mir jetzt in der Kasse fehlen. Wenn also irgendetwas irgendeinen Wert hat, dann ist es das sicher nicht. Auf Wiedersehen..
Mehr vom Tom Tonk gibt es auf hier OpenPunk oder auf seiner Seite: http://www.rockraketetonk.de