Kommunistischer Widerstand im 3. Reich 18
Demgegenüber bezeichneten kritische Kommunisten wie z. B. Heinz Brandt im Zuchthaus Brandenburg diese Hoffnung als unrealistische „Strohhalmtheorie“ und formulierten eigene Thesen, die den Pakt als „Verbrechen“ und „Verrat“ brandmarkten. Sie stellten heraus, „dass der Stalinismus keine Diktatur des Proletariat darstellt, sondern eher im Gegenteil eine Diktatur über das Proletariat.“ Die III. Internationale bezeichnen sie „als reines Anhängsel der stalinistischen Außenpolitik, als Instrument des Stalinistischen Terrorsystems [36] .
Besonders brisant war die Reaktion des Pariser Sekretariats der KPD unter Franz Dahlem [37] . Als am 3. September 1939 Frankreich Deutschland den Krieg erklärte, folgten die Mitglieder der Auslandsleitung einem Aufruf der französischen Regierung, sich als Ausländer registrieren zu lassen und wurden daraufhin interniert. Damit verstießen sie gegen eine Kominternanweisung, Frankreich zu verlassen um der drohenden Internierung zu entgehen. Die Handlungen des Pariser Sekretariats wurden in Moskau als schwerwiegender Fehler beurteilt. Dahlem, Paul Merker, Paul Bertz, Gerhart Eisler und Lex Ende wurde „Schädlingsarbeit“ und „Abweichung von der politischen Linie“ vorgeworfen. In Moskau wurde deshalb beschlossen, das Pariser Sekretariat aufzulösen und die Führung der Partei wieder ausschließlich in Moskau anzusiedeln. In Kopenhagen hingegen, wo Heinrich Wiatrek als Leiter der A. L. Nord wirkte, begrüßte dieser den Freundschaftspakt und wandte sich gegen den englisch-französischen Imperialismus als Angreifer [38] .
Nicht wenige deutsche Kommunisten wurden nach dem Hitler-Stalin-Pakt von Moskau nach Deutschland ausgeliefert. Es bleibt die besondere Tragik dieser Kommunisten im Exil, dass sie ausgerechnet von „eigenen“ Leuten, von sowjetischen Staatsorganen, verhaftet, gefoltert und oft auch ermordet wurden.
Anfang Dezember 1939 beriet die KPD-Führung in Moskau über Möglichkeiten, unter den Bedingungen des Krieges und des „Hitler-Stalin-Paktes“ die kommunistische Widerstandsarbeit in Deutschland anzuleiten. Die Politbüromitglieder sahen sich der Situation ausgeliefert, dass die Führung der Sowjetunion kein Interesse hatte, den Vertragspartner Deutschland zu verunsichern. In der „Politischen Plattform“ vom 30. Dezember 1939 fand sich dann auch das bis dahin in allen vergleichbaren Resolutionen, Erklärungen und Verlautbaren des ZK der KPD angeführte Ziel „Sturz des Hitlerfaschismus“ nicht mehr. Eher schien man eine Strategie zu verfolgen, das NS-Regime durch Druck und durch die Logik des Pakts mit der Sowjetunion zu zwingen, legalen oder halblegalen Aktivitäten Raum zu geben. „Wer Steuererleichterungen und Mitbestimmungsrechte für Bauern und Handwerker fordert, wer die Legalität seiner Partei anstrebt, will erst einmal keine Regierung stürzen“ [39] . Die Abschnittsleitungen wurden aufgelöst und in Stockholm eine Auslandsleitung mit Karl Mewis, Herbert Wehner und Heinrich Wiatrek installiert, die später dann nach Deutschland überführt werden sollte. Tatsächlich fuhr Wehner Ende Januar 1941 nach Schweden, um von hier aus die Arbeit der A. L. Mitte zu reorganisieren und später gemeinsam mit Mewis und Richard Stahlmann die Arbeit illegaler kommunistischer Gruppen in Deutschland zu koordinieren [40] . Bereits im Frühjahr 1940 reisten die Instrukteure Arthur Emmerlich und Rudolf Hallmeyer nach Deutschland. Sie sollten alte Verbindungen aktivieren und isoliert voneinander operierende Gruppen zu einer festen Organisation zusammenfassen. Hallmeyer, der Ende Juni 1940 in Stettin ankam und ohne Zwischenfälle Berlin erreichte, wurde nach knapp achtwöchiger Arbeit Ende August 1940 verhaftet und im September 1943 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Emmerlich, der im Januar 1939 an der „Berner Konferenz“ teilgenommen hatte und gemeinsam mit dem Weddinger Volksschullehrer Kurt Steffelbauer agierte, wurde auf dem Weg nach Hamburg am 24. Mai 1941 festgenommen. Am 10. Januar 1942 wurde er gemeinsam mit Steffelbauer, Johann Gloger und Alfred Grünberg zum Tode verurteilt und am 21. Mai 1942 in Berlin-Plötzensee hingerichtet [41] . Weitere von Mewis und Wiatrek nach Deutschland entsandte Instrukteure wie Johannes Müller und Heinrich Schmeer wurden ebenfalls festgenommen [42] . Durch systematische Überwachung und V-Leute-Einsatz gelang es der Gestapo, tief in das Netz der A. L. Nord einzudringen und über 50 Funktionäre festzunehmen [43] .
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