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Aktuelle Version vom 25. August 2021, 12:15 Uhr
Ein Mal im Jahr weihnachtet es, der Moment sich zusammen zu reißen, tief durchzuatmen und nett zu sein, egal was da kommt, fast. Um es mal klar zu machen, ich mag meine Familie, durchaus, aber eine Überdosis kann gefährlich werden, dieser Overkill ist oft am zweiten Weihnachtsfeiertag erreicht.
Der heilige Abend ist noch OK, man hat sich ein Weilchen nicht gesehen, die Stimmung passt und Gesprächsstoff ist auch noch da. Das Geschenkpapier zerfetzen ist klasse und das Essen schmeckt. Alle sind gut in ihrer Rolle als Opa, Enkel, Sohn und Mutter und jeder bewegt sich in dem von der Natur zugedachten Rahmen.
Der Erste Feiertag ist schon etwas grenzwertig, der zweite Tag mit der Sippe am Stück, da werden mitunter Belastungsgrenzen ausgereizt, bis zur Schmerzgrenze. Die selben Figuren, plus noch ein paar Verwandte und langsam hat man das Gefühl, ich bin ein Sohn, ich muss hier raus.
Die gestern noch unausgesprochenen Vorwürfe werden in Worte gekleidet, die verbalen Waffen werden entsichert. Die Blicke sind nicht mehr voller Güte, Strenge blitzt im Blick, als ich einen in Worte gekleideten Hieb pariere und eine Salve zurück schieße. Der Kalte Krieg ist in vollem Gange, unverhüllte Drohungen werden über den Kaffeetisch geschickt und mit Bockigkeit erwidert. Die diplomatische Schwester zerrt einen in den Flur und versucht sich in Diplomatie.
“Du, das ist hier so ein schönes Fest, trink nicht so viel und halt mal ein bisschen deine blöde Fresse.“
Super, so viel Feingefühl und Verständnis für meine Argumente hätte ich jetzt wirklich nicht erwartet. Ich ging in die Küche, holte mir noch ein Berliner Pilsner . Zum rauchen bewegte ich mich sogar auf den Balkon. Nun hatten die anderen Hitzköppe Zeit, sich etwas zu beruhigen und auf bessere Gedanken zu kommen.
Bis jetzt war der Tag wie erwartet, zwei meiner drei Geschenke würde ich umtauschen, wenn die Bande die Kassenzettel rausrückt. Ansonsten waren wir nicht netter zueinander als erwartet, gut, überlegte ich mir, im Irak wird heute schließlich auch geschossen, warum sollten wir dann hier Nettigkeiten austauschen, wenn wir sowieso wissen, dass diese nicht so gemeint sind. Gute Schauspieler sucht man in meiner Familie vergebens und Wahrheiten gehören ausgesprochen, bevor sich ein Magengeschwür zum Problem entwickelt.
Der Onkel Rudi beschwerte sich lautstark, dass sein Name auf dem Päckchen mit IE geschrieben war, und alle hatten Verständnis geheuchelt. Als ich dann anmerkte, dass ich am Ende nicht mit D geschrieben würde, meinte meine Mutter nur,
“Na ja, du findest natürlich auch immer ein Haar in der Suppe.“
Scheiße, ich hatte doch nur auf einen kleinen Misstand aufmerksam machen wollen, aber meine Mutter behandelte mich daraufhin, als hätte ich vor versammelter Familie auf den Teppich geschissen und danach die Oma angezündet. Die Faltenköppe behandelten mich immer noch wie einen Elfjährigen, der in der Nase popelt. Einer muss ja der Arsch sein, dachte ich mir, als ich mir den Jägermeister aus der Küche holte und mir die Ermahnung gefallen lassen musste, „trink nicht so viel, du weißt, wie unfreundlich du dann immer wirst.“
Stimmt, dachte ich mir, ihr kriegt das aber auch gut ohne Alkohol hin.
Diese Geschichte ist aus dem
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